Geschichte
zur Meditation (von
Doris Fischer)
Jeden Tag
sitzt ein alter Mann in seinem Schaukelstuhl am Fenster und schaut in den
Garten. Er ist hochbetagt und lebt noch immer allein in seinem kleinen Häuschen
an einer belebten Straße. An manchen Tagen gibt es dort für ihn viel
Interessantes zu sehen und zu beobachten. Täglich gehen viele Menschen an
seinem Haus vorbei, Kinder spielen auf dem Gehweg und Dutzende von Autos fahren
die Straße hinauf und wieder hinunter. Diese lebhafte Geschäftigkeit dort
draußen verfolgt der alte Mann gespannt, denn es lenkt ihn ein wenig von seiner
Einsamkeit und Langeweile ab, die ihn die meiste Zeit des Tages umgibt.
Deshalb
freut er sich jedes Mal wie ein kleines Kind, wenn er an einem Tag in der Woche
Besuch bekommt. So ist es auch heute. Als ich bei ihm die Tür öffne und
hineingehe, lächelt er mich an und streckt mir zur Begrüßung die Hände
entgegen.
„Schön, dass
du da bist“, gibt er mir mit leiser Stimme zu verstehen, „Komm, setz dich doch
zu mir und leiste mir ein wenig Gesellschaft!“
Schon
beginnt er eifrig über Dies und Das zu erzählen - über Geschehnisse aus der
Tageszeitung, die ihn zu beschäftigen scheinen. Kurz darauf fängt er an, ein
wenig nachdenklich über Erlebtes aus früheren Zeiten zu berichten und er weiß,
dass er in mir eine aufmerksame Zuhörerin gefunden hat.
Während des
Erzählens beginnen seine Augen immer mehr zu strahlen, seine Stimme wird klarer
und energischer und manchmal kann ich ein verschmitztes Grinsen auf seinen
Lippen erkennen. Sein Oberkörper bewegt sich rhythmisch hin und her und seine
Hände fuchteln aufgeregt herum. Ich freue mich darüber, wie er diese Zeit des
Erzählens mit allen Sinnen genießt und wie er dabei körperlich und geistig
aufblüht.
Doch
irgendwann am Ende des Nachmittags scheint er müde zu werden, denn er lehnt
sich entspannt und zufrieden in seinen Sessel zurück und strahlt mich dankbar
an: „Danke, dass du dir heute wieder für mich Zeit genommen hast und mir
zugehört hast. Es war ein wunderschöner Nachmittag.“
Ich verabschiede mich herzlich von ihm, glücklich
darüber, wieder einem Menschen eine Freude gemacht zu haben, indem ich ihm
durch Zuhören meine Zeit schenkte.
Ansprache
zur Verabschiedung der Besuchsdienstler - Michael Kramer
Liebe
Gemeinde, wir haben den 3. Advent, kurz vor Weihnachten, da geht einem so
einiges durch den Kopf!
Geschenke
kaufen, basteln, Lichterketten aufhängen, nach Angeboten Ausschau halten,
Geburtstag nicht verpassen, Patenkind nicht vergessen, nach einem Tannenbaum
suchen, Wer hat denn dieses Jahr den schönsten? Urlaub schon gebucht?
Kinderfreizeit dabei berücksichtig, und zur Männerwallfahrt angemeldet? Reicht
das Weihnachtsgeld? Krankenkasse wird teurer! Kinder wollen mehr Taschengeld,
ist noch Geld für eine Spende übrig – vielleicht bei Emikwano oder Adveniat?
Geld für die Versicherung im Januar zurücklegen, die Adventsfeier mit den
Kollegen „Ich brauch noch ein kleines Geschenk!“ Schnell noch das
Adventstürchen für morgen vorbereiten, Glühwein und Plätzchen besorgen. Mit den
Freunden auf den Weihnachtsmarkt, wann nur? am 23. wird schon wieder abgebaut!
Warum? Ach ja, Weihnachten!
Die meisten
von uns werden jetzt nicken und sagen ja, so ist es leider. Aber muss es auch
so bleiben?
Was nützt
die schönste Adventsfeier, wenn ich nicht merke, wie der Arbeitskollege seinen
Kummer in Alkohol ertränkt. Was nützt
die größte Reiseplanung, wenn ich im Alltag nur rummeckere, Was nützt das
teuerste Geschenk, wenn ich nicht merke, dass der Heranwachsende in der Schule
gemobbt wird. Was nützt der prächtigste Heilige Abend, wenn ich mein Herz vor
Gott verschlossen halte.
Wir alle
haben eben die Geschichte von der jungen Frau gehört, die sich um den alten
einsamen Mann kümmert. Trotz all dem Stress und den Sorgen die auch sie
sicherlich im Alltag und vielleicht auch ganz besonders vor Weihnachten
begleitet, nimmt sie sich die Zeit und verschenkt sie an diesen einsamen
Rentner, der sich sehr über diesen Besuch freut. Und das schöne ist, nicht nur
der Rentner ist der beschenkte, sondern auch die junge Frau die beseelt und
glücklich wieder nach Hause geht im Wissen den grauen Alltag des alten Herrn
erhellt zu haben!
Wie sieht es
denn mit uns aus? Haben auch wir einen Blick für unsere Mitmenschen? Sehen wir,
wenn es Ihnen schlecht geht? Schenken wir Ihnen ein Ohr für Ihre Sorgen und
Nöte? Besuchen wir zum Beispiel die schon fast vergessene Großtante im
Seniorenheim oder den Freund der auf die schiefe Bahn geraten ist und im
Gefängnis sitzt. Haben wir beispielsweise einen Blick für den Obdachlosen in
der Bahnhofstasse an dem zahllose regungslos und hektisch vorbeilaufen und bei
dem auch wir vielleicht insgeheim denken, dass er doch ganz bestimmt selber
schuld an seiner Situation ist oder doch eigentlich nur zur Bahnhofsmission
gehen müsste um Obdach zu finden und etwas zu Essen zu bekommen.
Sich um
unsere Mitmenschen zu kümmern ihnen zu zeigen, dass sie nicht vergessen sind
ist wichtig, Sehr Wichtig, insbesondere für uns als Christen!
Das hat auch
die Pfarrei Dipperz erkannt und vor fast 10 Jahren im Januar 2014 den Katholischen
Besuchsdienst St. Antonius & St. Placidus ins Leben gerufen. Er hatte sich
zur Aufgabe gemacht ältere, kranke, einsame und hilfsbedürftige Menschen
unserer Pfarrei zu besuchen, ganz gleich ob sie in einem der vielen
Seniorenheime und Kliniken untergebracht waren oder noch zu Hause wohnten.
Ich war
überrascht wie groß das Interesse damals zur Gründung unseres Besuchsdienstes
war, damit hatte ich nicht gerechnet. Schon nach kurzer Zeit war unser
Mitarbeiterstab auf 18 Leute angewachsen.
Mit dem
heutigen Tag werden wir leider deutlich schrumpfen, denn, und dass ist der
Grund warum ich hier stehe, wollen einige unserer Mitglieder in ihre
wohlverdiente Besuchsdienst-Rente gehen. All die Jahre haben sie mit ihren
Besuchen vielen Menschen das geschenkt, wonach wir uns doch eigentlich alle sehnen,
ein Lächeln, ein Gespräch, Zuwendung und Aufmerksamkeit, ein Händedruck, eine
Umarmung, ein gemeinsames Gebet oder auch einfach nur eine stille Zeit miteinander,
um zu zeigen „Ich bin für dich da!“
An
dieser Stelle möchte ich dann meine Rentner-Gang mal nach vorne bitten, denn
jetzt folgt gleich die Geschenkeübergabe. Ich bitte auch Maria Handwerk nach
oben, die stellvertretend für unseren leider verstobenen Edgar das Geschenk
entgegen nimmt.
Liebe Wilma
Leibold, liebe Genoveva Lemhoefer, liebe Carmen Müglich, lieber Berthold Schwab
(der leider erkrankt ist), lieber Paul Trabert, lieber Ludwig Wagner (der
ebenfalls verhindert ist) und lieber Edgar Handwerk, ich sage Euch im Namen der
Pfarrei, und sicher auch all derer die heute hier in diesem Gottesdienst sind,
von ganzem Herzen vielen Dank für Euren Dienst, Eure geschenkte Zeit und all
die schönen Stunden die wir bei unseren Besuchsdiensttreffen miteinander
verbringen durften. DANKE!
Als kleine
Anerkennung und Ausdruck unserer Wertschätzung wollen wir nun jedem von Euch
eine Urkunde sowie eine Besuchsdienst-Tasse mit etwas Weihnachtsgebäck, Rotwein
und ein paar fotografischen Erinnerungen überreichen.
Ich würde
mich sehr freuen, wenn die Tasse nicht im Schrank verstaubt, sondern regen
Gebrauch findet und Euch immer wieder an die schöne Zeit im Besuchsdienst
erinnert.